Wir haben neben sehr gepflegten Weinbergen auch einen wunderschönen Garten und normalerweise liebe ich es darin zu arbeiten. Selbst dem Unkraut, oder vielmehr Beikraut, wie man es politisch korrekt ausdrückt, ohne, dass sich jemand auf die Blätter getreten fühlt, nehme ich mich nach einem satten Landregen gerne an und zupfe die ungeliebten Pflänzchen locker heraus. Das ist wie Meditation für mich. Der Kopf wird frei, alles sieht hinterher wieder schön aus und man fühlt sich super. Bis auf den Rücken, aber egal. Nur dieses Jahr, … bei dem Regen …! Also, ich weiß ja nicht wie es Ihnen geht, aber dieses Jahr übertreiben es die Un- äh … Beikräuter aufs Übelste. Ist man hier fertig, geht es da drüben wieder los.
Wenn ich aus dem Bürofenster in den gepflasterten Hof schaue, fliegen da nicht nur Schmetterlinge, Meisen und Hausrotschwänze über die wild blühenden Oleander und die fetten Funkien, nein, in dem satten Grün auf dem Boden könnten sich auch gut junge Rehe verstecken. Ist da gerade ein Rebhuhn über den Hof gehuscht? Ich blinzle und schaue im Schuppen nach dem Rasenmäher. Müde und erschöpft steht er da und ich kann ihn in meinem Kopf flehen hören: „Bitte nicht! Ich kann nicht mehr!“. Der hatte dieses Jahr echt schon genug zu tun, das stimmt. Ich rumpele ihn trotzdem raus. Da lächelt mich ein Büschel mit signalroten Mohnblümchen freundlich an. Schon hübsch. Die strahlend weißen Gänseblümchen an den Mülltonnen fangen an ein fröhliches Lied zu singen und die zarten, blauen Glockenblumen neben dem Eingang zur Vinothek strahlen um die Wette. Hm, das ist ein Trick, da wette ich! Die scheinen sich bei uns echt wohlzufühlen. Aber so ein bisschen Ordnung muss schon sein! Hach, das ist alles irgendwie … nervig. Ich rumpele den Rasenmäher wieder zurück in den Schuppen.
Matthias sitzt mit einem Glas kaltem Cabernet Rosé im Garten auf der Bank und schaut mir amüsiert zu. „Komm, setz dich doch mal zu mir und genieße deinen wunderschönen Garten!“, holt er mich aus meinen trüben Gedanken. Recht hat er! Jetzt wird erstmal entspannt. So ein bisschen kontrolliertes Chaos muss halt eben auch sein. Heute Nacht soll es wieder regnen und morgen jäte ich wieder meditativ und politisch korrekt im Hof die Beikräuter mit der Hand.
In diesem Sinne:
Traue keinem Ort, an dem kein Unkraut wächst!
-Gärtnerweisheit-